Auf dem Papier sollte ich fünf Tage an der Bana Ba Letsatsi Schule (BBL) in Maun mit 44 Kindern verbringen, die an Online-Kursen und Workshops teilnahmen, die von Freiwilligen aus verschiedenen europäischen Ländern geleitet wurden. Das hörte sich alles fantastisch an, und ich war sehr aufgeregt, zusammen mit Goitse (Lerato Mitarbeiterin) vor Ort zu sein. Ich konnte jedoch nicht ahnen, wie sehr ich emotional beteiligt sein würde und wie erfüllend und herzerwärmend sich diese Woche entwickelte.
Alle Kinder der BBL haben eine Geschichte, die auf verschiedenen Ebenen absolut herzzerreissend ist. Um zu verstehen, woher diese Kinder kommen, ist es wichtig zu wissen, wofür Bana Ba Letsatsi laut ihrem Leitbild steht und wozu sie beitragen:
Die Organisation ist bestrebt, verwaiste und gefährdete Kinder von der Strasse fernzuhalten und von negativen Einflüssen wie Klebstoffschnüffeln und Kleinkriminalität fernzuhalten. Bana Ba Letsatsi Trust ist ein Rehabilitationszentrum, in dem einer ausgewählten Anzahl von Waisen und gefährdeten Kindern und Jugendlichen Disziplin, Bildung, Beratung, Sport, Hygiene und Mahlzeiten geboten werden.
Alle Aktivitäten, die im Bana Ba Letsatsi Trust geplant und durchgeführt werden, haben das Ziel, alle Kinder und Jugendlichen zu unterstützen, zu ermutigen, zu rehabilitieren und zu befähigen, in der Schule zu bleiben oder in die Regelschule zurückzukehren, ein Leben ohne Drogen und Kriminalität zu führen und produktive Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Der Trust ermutigt die Betreuer aller Kinder zu positivem Handeln und zum Aufbau einer gemeinschaftlichen Unterstützung für die in ihrer Gesellschaft gefährdeten Kinder.
BBL kümmert sich um folgende kritische Fälle: Schulabbrecher, Kinder-/Frühverheiratungen, sexueller Missbrauch und Ausbeutung, Vernachlässigung von Kindern, wenige Fälle von Kinderarbeit, Verletzung von Kinderrechten, Jugendkriminalität, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Schwangerschaft bei Jugendlichen.
Die Planung und Organisation der Level Up-Woche vom NGO Small Village Botswana dauerte Monate. Ziel war es, den Kindern grundlegenden Fähigkeiten und Bewältigungsmechanismen zu vermitteln, damit sie in Zukunft besser auf eine Vielzahl von Situationen vorbereitet sind. Oftmals Themen, welche nicht in dem normalen Schulunterricht behandelt werden. Verschiedene Freiwillige mit unterschiedlichem Hintergrund erklärten sich bereit, eine Auszeit von ihren vollen Terminkalendern zu nehmen und einige Stunden für den Unterricht dieser Kinder bereit zu stellen. Vom Umgang mit Emotionen, dem Führen eines Tagebuchs, dem Umgang mit Geld und dem Verfassen eines Lebenslaufs bis hin zur Nutzung der künstlichen Intelligenz zu ihrem Vorteil – die verschiedenen Workshops sollten ihnen lebensverändernde Lektionen vermitteln.
Das Konzept war einfach: Man richtete Teams Sitzungen an verschiedenen Computern ein und liess die Freiwilligen online den Kindern lehren und mit ihnen sprechen. Abgesehen von den Computern und den richtigen Programmen brauchte man nicht viel, es sollte also alles prima laufen ... Als Goitse und ich am Montagmorgen früh ankamen, war nur der Gärtner da und ich als waschechte Schweizerin schaute schon auf die Uhr und sah die Minuten vergehen. Langsam aber sicher trafen die Lehrer:innen, Sozialarbeiter:innen und auch die Kinder ein, aber es war von Anfang an klar, dass niemand wirklich vorbereitet war oder eine Vorstellung davon hatte, wie diese Sitzungen ablaufen würde, und so entwickelte sich der Montagmorgen zu einem Chaos. Dies trotz online Vorbereitungssitzungen mit dem ganzen Team 😉. Nur etwas mehr als die Hälfte der Kinder auf der Liste kam zum Unterricht, und von denen waren viele zu spät. Die Kinder waren energisch und fasziniert von den vielen Laptops, und die Einrichtung des Online-Meetings dauerte scheinbar ewig und war dauernd von Störungen und schrecklichen Hintergrundgeräuschen betroffen. Der Vormittag bestand jedoch hauptsächlich aus praktischen Übungen und gab uns etwas Zeit, die vielen Probleme zu lösen, mit denen wir zu kämpfen hatten. Innerhalb weniger Stunden stellte das Team von Small Village Botswana in der Schweiz einen Plan zusammen, um mehr Kinder in den kommenden Tagen rechtzeitig zur Schule zu bringen, und nach einer internen Sitzung mit den Lehrern und Sozialarbeitern einigte man sich auf eine Strategie, um diese Online-Kurse rechtzeitig und ohne Störungen bereit zu haben und die Kommunikation zwischen allen Beteiligten zu verbessern. An diesem Abend schliefen wir wohl alle völlig erschöpft früh abends ein, aber ich spürte diese enorme Hoffnung und Aufregung für den nächsten Tag.
Am Dienstagmorgen waren alle Kinder in der Schule (mehr als am Vortag!), bevor Goitse und ich überhaupt ankamen. Die Lehrer hatten bereits die Laptops aufgestellt und wir waren online, noch bevor der Workshop begann. Die Stimmung war ausgelassen und die Jungen und Mädchen waren bereit zu lernen! Sie alle zeigten so viel Interesse und Begeisterung, dass wir alle davon angesteckt wurden. Ein «High-Five» hier, ein «High-Five» da und ein Selfie mit den jüngsten der Kinder – wir waren bereits mit allen Kids befreundet. Es war unglaublich zu sehen, wie engagiert sie alle waren, und nach dem Mittagessen taten sie uns allen leid, da viele so müde waren und zum Teil auf ihren Sitzen einschliefen. Ich erinnere mich nur zu gut an diese Nachmittage ... Essenskoma!
Während die Kinder viele neue Fähigkeiten erlernten, hatten die Erwachsenen, die an der Planung und Durchführung von Level Up beteiligt waren, die Möglichkeit, die Herausforderungen und Probleme zu erkennen, die es bei diesem Projekt zu bewältigen galt. Am Donnerstag verlief der Unterricht reibungslos und ohne jegliche Probleme, und die allgemeine Freude über ein so wunderbares Projekt war sogar über die Bildschirme zu spüren. Die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer waren so enthusiastisch und engagiert, dass sie nicht mehr nur übersetzten, sondern den Inhalt ergänzten und die Kinder dazu brachten, sich noch mehr zu beteiligen und ihre eigene Meinung zu äussern.
Wir konnten gar nicht glauben, wie schnell wir beim Freitag angelangten waren und der Level Up-Workshop zu Ende war. Alle waren sehr müde, aber auch sehr dankbar und glücklich darüber, wie die ganze Woche sich entwickelte und unter dem Strich sehr erfolgreich war. Zum krönenden Abschluss organisierten wir Cooltime-Eis für alle Kinder, und alle, einschliesslich der Köchin und des Gärtners, versammelten sich auf den Bänken, um zu «feiern», wie Goitse den Kindern versprach. «Tanze und du bekommst ein Eis», war das Motto, und sobald die Musik lief, waren die Kinder ausgelassen und je länger, je motivierter am Tanzen! Seit Monaten habe ich nicht mehr so viel gelacht und ich kann mich nicht erinnern, wann mein Herz zuletzt so voll war. Es fiel mir schwer, den Ort und die Kinder hinter mir zu lassen, denn ich wusste, dass in der nächsten Woche wieder 'Normalität' herrschen würde. Anscheinend hat einer der Jungen bereits gesagt, dass er nicht mehr in den normalen Unterricht zurückkehren möchte.
An alle Sponsoren, Freiwilligen und Organisatoren dieser wunderbaren Woche – wisst, dass eure Beteiligung einen Unterschied gemacht hat, dass Level Up einen Unterschied gemacht hat und dass es so unglaublich bereichernd war, die Freude in den Gesichtern zu sehen, das Lachen zu hören und den kleinen Ungezogenheiten dieser Kinder und jungen Erwachsenen zuzuschauen.
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